Respekt vor Fahnen
Zunächst ein Mal: Was ist der Unterschied zwischen einer Fahne und einer Flagge? Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht. Ich könnte recherchieren. Aber ich will es nicht, weil es mich nicht interessiert. Dennoch möchte ich drei oder mehr Worte über Fahnen verlieren.
An den Fahnen nervt mich ihr Formalismus. Vor einem Tuch soll man sich beugen, und zwar weil es die Form gebietet. Von Zeit zur Zeit sehe ich die deutsche Flagge gern. Aber am liebsten nehme ich sie bloß am Rande wahr. Sie soll nicht der Mittelpunkt sein, für nicht eine Minute. Schon gar nicht will ich sie hören. Mit "hören" meine ich nicht ihr Flattern im Winde, das ist übrigens ein schönes Geräusch. Ich meine die Hymne. Wo eine Fahne ist, ist eine Hymne nicht weit.
Ja bitte, bei staatstragenden Ereignissen, gerne. Bei Staatsbegräbnissen, bei Krieg gern auch einen Fahnenmast dem Gegner zwischen die Beine rammen. Sollen sie machen. Das sind Machenschaften, die mich nichts angehen. Es sind Albernheiten, die ich nicht verstehe, die mir für immer ein Rätsel bleiben werden.
Aber. Ich liebe Fußball. Und ab und zu auch Boxen. Unerträglich lächerlich sind die drei Minuten Hymne und Fahnehissen vor den Länderspielen. Mir wird übel, wenn ich die Spieler die Worte der Hymne murmeln sehe. Ich will, dass sie Fußball spielen, ich will nicht, dass sie singen. Das sind Fußballspieler, nicht Chorknaben. Mindestens genauso lächerlich sind die Hymnen-Orgien vor Boxkämpfen. Zwei schwere Jungs hauen sich gleich ordentlich auf die Fresse bis einer weint oder zumindest bewusstlos ist, aber vorher bitte die Staatshymne mit Flagge. Reicht es nicht, wenn der Kommentator darauf hinweist, dass der Klitschko aus der Ukraine kommt und sein Opfer aus irgendeinem anderen Land? Wozu dieser pseudopatriotische Formalismus? Um die Sendezeit zu schinden? Was für eine Inflation.
Ich zappe. Wenn es bei Sportereignissen formell wird, zappe ich weg. Als wenns die Werbung wäre.
Es ist ein gemusterter Lappen. Aber wehe man pinkelt drauf. Dann ist Gefängnisstrafezeit. Die Existenz eines Menschen wird infolge seines Pissens auf einen gemusterten Lappen infrage gestellt. Symboltracht! Denk doch mal an die Symboltracht! Mögen manche rufen. Jadoch, denke ich. Und dieser Chauvinismus geht mir auf die symbolträchtigen Nüsse. Es ist ein großer Unterschied, ob jemand auf einen Menschen pinkelt oder auf eine Fahne. Sofern der Mensch nicht ausdrücklich danach verlangt, ist es echte Respektlosigkeit und Verachtung des Menschen. Pinkelt jemand auf die Fahne, so bleibt es eine Fahne, ein Stück Stoff, mehr nicht. Tut keinem weh. Der Pinkler hat höchstens keine Manieren. Der Flaggencode der USA besagt "The flag represents a living country and is itself considered a living thing." (Section 8j) - Ja dann, natürlich, wenn man per Gesetz erklärt: Die Flagge lebt, dann ist damit vieles möglich. Dann kann ein Gericht herkommen und behaupten, die Flagge genieße Menschenrechte und müsse entsprechend dieser Rechte behandelt werden. Und wenn alle Gesetze der Bundesstaaten Kalifornien und Alaska zusammen behaupteten, die Flagge sei ein "living thing", dann bleibt es immer noch dabei: Eine Flagge lebt nicht. Sie ist KEIN lebend Ding. Dass die Flagge lebe ist doch nur eine Konvention, ein Spiel; komm, haben sie gesagt, wir tun so, als ob sie lebte. Und dann vergessen sie, dass es ursprünglich nur ein Spiel war. (Ein Symptom von Spielsucht übrigens.)
Davon kommt die Rage. Viele Menschen gerieten in Rage, wenn sie sähen, dass eine Flagge angepinkelt würde. Wegen der Symboltracht, sie steht ja für Lebendiges. Ein Symbol steht stellvertretend für irgendwas. Sie vergessen, dass es nur ein Spiel ist. In Zeiten des aufgeklärten Geistes muss es aber möglich sein, dass der Mensch das Symbolische überwindet, und das Echte für echt nimmt, nicht allein die Symbolik dazu ausreicht, den Affen auf die Palme zu treiben. Könnte er das Echte für echt befinden und das Symbolische als solches davon trennen, er würde zur Gelassenheit finden. Ich fordere die Gelassenheit. Schluss mit Panikmache und Aktionismus.
Von Zeit zur Zeit sehe ich die Fahne gern. Im Ausland zum Beispiel. Fahre ich nach Österreich in meinen Golfurlaub, und das tue ich tatsächlich im April nächsten Jahres, schöne Grüße ins Salzburgerland, sähe ich eine deutsche Flagge dort, dächte ich: Achja, die schöne Heimat, sie wartet daheim auf mich. Aber jetzt erstmal golfen.
Ich werde meine eigenen Fahnen drucken. Dann schmücke ich damit meinen Rasen vor dem Haus, und wehe, jemand pinkelt sie an, dann rufe ich wutentbrannt: "He, das verstößt aber mindestens gegen ein Tierschutzgesetz!"
An den Fahnen nervt mich ihr Formalismus. Vor einem Tuch soll man sich beugen, und zwar weil es die Form gebietet. Von Zeit zur Zeit sehe ich die deutsche Flagge gern. Aber am liebsten nehme ich sie bloß am Rande wahr. Sie soll nicht der Mittelpunkt sein, für nicht eine Minute. Schon gar nicht will ich sie hören. Mit "hören" meine ich nicht ihr Flattern im Winde, das ist übrigens ein schönes Geräusch. Ich meine die Hymne. Wo eine Fahne ist, ist eine Hymne nicht weit.
Ja bitte, bei staatstragenden Ereignissen, gerne. Bei Staatsbegräbnissen, bei Krieg gern auch einen Fahnenmast dem Gegner zwischen die Beine rammen. Sollen sie machen. Das sind Machenschaften, die mich nichts angehen. Es sind Albernheiten, die ich nicht verstehe, die mir für immer ein Rätsel bleiben werden.
Aber. Ich liebe Fußball. Und ab und zu auch Boxen. Unerträglich lächerlich sind die drei Minuten Hymne und Fahnehissen vor den Länderspielen. Mir wird übel, wenn ich die Spieler die Worte der Hymne murmeln sehe. Ich will, dass sie Fußball spielen, ich will nicht, dass sie singen. Das sind Fußballspieler, nicht Chorknaben. Mindestens genauso lächerlich sind die Hymnen-Orgien vor Boxkämpfen. Zwei schwere Jungs hauen sich gleich ordentlich auf die Fresse bis einer weint oder zumindest bewusstlos ist, aber vorher bitte die Staatshymne mit Flagge. Reicht es nicht, wenn der Kommentator darauf hinweist, dass der Klitschko aus der Ukraine kommt und sein Opfer aus irgendeinem anderen Land? Wozu dieser pseudopatriotische Formalismus? Um die Sendezeit zu schinden? Was für eine Inflation.
Ich zappe. Wenn es bei Sportereignissen formell wird, zappe ich weg. Als wenns die Werbung wäre.
Es ist ein gemusterter Lappen. Aber wehe man pinkelt drauf. Dann ist Gefängnisstrafezeit. Die Existenz eines Menschen wird infolge seines Pissens auf einen gemusterten Lappen infrage gestellt. Symboltracht! Denk doch mal an die Symboltracht! Mögen manche rufen. Jadoch, denke ich. Und dieser Chauvinismus geht mir auf die symbolträchtigen Nüsse. Es ist ein großer Unterschied, ob jemand auf einen Menschen pinkelt oder auf eine Fahne. Sofern der Mensch nicht ausdrücklich danach verlangt, ist es echte Respektlosigkeit und Verachtung des Menschen. Pinkelt jemand auf die Fahne, so bleibt es eine Fahne, ein Stück Stoff, mehr nicht. Tut keinem weh. Der Pinkler hat höchstens keine Manieren. Der Flaggencode der USA besagt "The flag represents a living country and is itself considered a living thing." (Section 8j) - Ja dann, natürlich, wenn man per Gesetz erklärt: Die Flagge lebt, dann ist damit vieles möglich. Dann kann ein Gericht herkommen und behaupten, die Flagge genieße Menschenrechte und müsse entsprechend dieser Rechte behandelt werden. Und wenn alle Gesetze der Bundesstaaten Kalifornien und Alaska zusammen behaupteten, die Flagge sei ein "living thing", dann bleibt es immer noch dabei: Eine Flagge lebt nicht. Sie ist KEIN lebend Ding. Dass die Flagge lebe ist doch nur eine Konvention, ein Spiel; komm, haben sie gesagt, wir tun so, als ob sie lebte. Und dann vergessen sie, dass es ursprünglich nur ein Spiel war. (Ein Symptom von Spielsucht übrigens.)
Davon kommt die Rage. Viele Menschen gerieten in Rage, wenn sie sähen, dass eine Flagge angepinkelt würde. Wegen der Symboltracht, sie steht ja für Lebendiges. Ein Symbol steht stellvertretend für irgendwas. Sie vergessen, dass es nur ein Spiel ist. In Zeiten des aufgeklärten Geistes muss es aber möglich sein, dass der Mensch das Symbolische überwindet, und das Echte für echt nimmt, nicht allein die Symbolik dazu ausreicht, den Affen auf die Palme zu treiben. Könnte er das Echte für echt befinden und das Symbolische als solches davon trennen, er würde zur Gelassenheit finden. Ich fordere die Gelassenheit. Schluss mit Panikmache und Aktionismus.
Von Zeit zur Zeit sehe ich die Fahne gern. Im Ausland zum Beispiel. Fahre ich nach Österreich in meinen Golfurlaub, und das tue ich tatsächlich im April nächsten Jahres, schöne Grüße ins Salzburgerland, sähe ich eine deutsche Flagge dort, dächte ich: Achja, die schöne Heimat, sie wartet daheim auf mich. Aber jetzt erstmal golfen.
Ich werde meine eigenen Fahnen drucken. Dann schmücke ich damit meinen Rasen vor dem Haus, und wehe, jemand pinkelt sie an, dann rufe ich wutentbrannt: "He, das verstößt aber mindestens gegen ein Tierschutzgesetz!"
zwocent - 22. Dez, 17:29
Alex (Gast) - 26. Mär, 14:59
Unterschied Fahnen und Flaggen
Ich musste bei diesem Artikel herzlich schmunzeln. Wirklich sehr unterhaltsam geschrieben, dafür zunächst einmal ein kleines Dankeschön. Sie schreiben es interessiert sie nicht, aber erlauben Sie mir zur sagen, dass es tatsächlich einen Unterschied zwischen Fahnen und Flaggen gibt. Sie haben unterschiedliche Ursprünge. Das Hauptunterscheidungsmerkmal ist ganz einfach: Fahnen werden getragen, Flaggen gehisst.
Ja, wissen die denn nicht, daß sie in Deutschland sind, frage ich mich?
Lange im Auslang gelebt, habe ich das ganze Fahnenzeug gut verdrängt. Letztes Jahr die Fussball-WM, Mädels mit Fahnen als Bekleidungsstück, an jedem Balkon die Flagge, machte mir ein mulmiges Gefühl, auch wenn es "nur" um Fussball ging.
Die einzigen Fähnchen, die ich wirklich gerne sehe, sind tibetische Gebetsfähnchen.
:-)